Wie der echte Norden mit KI zu nachhaltiger Mobilität durchstartet

Schleswig-Holstein ist so etwas wie ein Musterschüler in Sachen Energiewende. Und doch gibt es auch im echten Norden eine Menge Herausforderungen durch die höhere Dezentralisierung und Volatilität bei Energiegewinnung und Nachfrage, bei der Stabilisierung der Netze oder Optimierung und Wartung der Windkraftanlagen, um nur einige Beispiele zu nennen. Inwieweit kann Künstliche Intelligenz (KI) weiterhelfen oder kann die Energiewende ohne KI überhaupt gelingen? Wir haben mit Professor Dirk Nowotka von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gesprochen. Und zwar über ein ganz konkretes Projekt – CAPTN Energy. 

WTSH-Onlineredaktion: Was genau versteckt sich denn hinter CAPTN Energy? 

Prof. Dirk Nowotka: CAPTN Energy ist ein Teilprojekt der CAPTN Initiative. Die CAPTN Initiative befasst sich mit den Themen Autonomes Fahren, Smart City und eben dem Teilprojekt CAPTN Energy. CAPTN Energy will die Umwandlung und Speicherung sowie den Transport und die Nutzung von erneuerbaren Energien – grünem Wasserstoff - für maritime und andere Anwendungen im Raum der Kieler Förde und des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) etablieren. Damit soll die bestehende Lücke zwischen Erzeugung und Nutzung von erneuerbaren Energien für den maritimen Bereich geschlossen werden und Energie insbesondere für emissionsfreie (und zukünftig vielleicht autonom gesteuerte) Verkehre in der Schifffahrt bereitgestellt werden. Mit diesen Aufgaben beschäftigt sich das Projekt, federführend Frank Meisel, Professor für Supply Chain Management an der CAU und Initiator von CAPTN Energy. 

WTSH-Onlineredaktion: Und was hat das mit Künstlicher Intelligenz zu tun? 

Prof. Dirk Nowotka: Wenn wir die Wertschöpfungskette entlang des NOK betrachten, haben wir ganz viele Herausforderungen. Zum einen das schwankende Angebot an grüner Energie, zum anderen aber auch die schwankende Nachfrage in der Kieler Förde. Auch der Transport von der Westküste an die Ostküste ist durch Kapazitätsengpässe limitiert – wie kann also die Energie transportiert, bzw. zwischengespeichert werden. Daraus ergibt sich ein hochkomplexes System, das aber eine stabile Versorgung gewährleisten soll. Und genau das ist ein guter Anwendungsfall für die Künstliche Intelligenz. 

WTSH-Onlineredaktion: Inwiefern? 

Prof. Dirk Nowotka: Wir sprechen hier über die Methode des Maschinellen Lernens. Um zum Beispiel die schwankenden Angebots- und Nachfragemengen zusammenzubringen, bezieht das Rechenmodell viele Faktoren mit ein, wie z.B. Wettervorhersagen, Windstärken, Heizungsbedarf uvm. Unter Einbeziehungen aller zur Verfügung stehender Daten kann dann ein statistisches Modell erstellt werden und die Bereitstellung und der Transport der Energie optimiert werden. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Optimierung des Transports. Der NOK ist natürlich kapazitär begrenzt, vor allem aber schlägt auch in der maritimen Branche der Fachkräftemangel zu – es fehlen geeignete Schiffskapitäne. Hier können Konzepte des automatisierten Fahrens umgesetzt werden. Also ein Kapitän, der mit Unterstützung geeigneter Methoden der Künstlichen Intelligenz mehrere Schiffe oder einen Schiffsverband von einer zentralen Stelle aus steuert. Die Königsdisziplin ist dann natürlich das komplett autonome Fahren. 

WTSH-Onlineredaktion: Können diese Modelle auf weitere Funktionen in der Energiewirtschaft übertragen werden? 

Prof. Dirk Nowotka: Das ist ohne weiteres möglich. Die Erkenntnisse beim Einsatz Künstlicher Intelligenz, die wir bei CAPTN Energy gewinnen, können auf jeden Fall auf weitere Bereiche der Energiewende übertragen werden. Schließlich ist Künstliche Intelligenz keine Magie, sondern datenbasierte Wissenschaft. Und wenn die Daten gut sind und für den Einsatzzweck geeignet, können entsprechende Berechnungen vorgenommen werden. 

Das Interview führte Sabine Konejung

Zur Person: 

Dirk Nowotka ist seit 2011 Professor für Informatik (Heisenburg-Professur) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und leitet dort die Arbeitsgruppe für Zuverlässige Systeme, also hochkomplexe Systeme, die Künstliche Intelligenz beinhalten. Außerdem ist er Sprecher der CAPTN Initiative in Kiel und Leiter des Digital Science Center an der CAU, die den Transfer von digitalen Forschungsergebnissen zwischen verschiedenen Forschungsgebieten (Querschnittsziele) fördert. 

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