Kooperation bedeutet Zusammen Wirken

Im Gespräch mit Diplom Psychologin Lisa Buddemeier zum Thema „Kooperation“

Kooperation bedeutet im Sinne des Wortes zusammenwirken. Auch in der Wirtschaft gab es Zusammenarbeit, Vernetzung, Kooperation zwischen unterschiedlichen Playern, Partnern schon immer – auf allen Ebenen. Besonders für kleinere und mittlere Unternehmen können Kooperationen überlebenswichtig sein, um Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, Ressourcen und Know-how zu bündeln, sich Zugang zu neuen Märkten zu verschaffen. Insbesondere im vergangenen Jahr gab es eine Vielzahl an Kooperationen zwischen Unternehmen, häufig mit dem Ziel das wirtschaftliche Überleben in der Pandemie zu sichern. Doch Kooperationen können viel mehr bewirken als die Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Vorteile zu sichern. Wenn sich die richtigen Partner finden und die Zusammenarbeit intelligent und zielgerichtet betrieben wird, kann für alle Beteiligten großer Nutzen entstehen. Darüber haben wir mit Lisa Buddemeier, Diplom Psychologin, Organisationsberaterin und Dozentin, gesprochen.

WTSH-Online Redaktion: Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit dem Thema Kooperation: was fasziniert sie an dem Thema?

Lisa Buddemeier: Die Fähigkeit zur Kooperation ist der Schlüssel zur menschlichen Evolution. Ohne unsere ausgeprägte Fähigkeit zur Kooperation stünden wir heute als Menschheit nicht da, wo wir stehen. In der Wirtschaft wird oft die Bedeutung der Konkurrenz betont und dabei übersehen, dass auch hier die Fähigkeit zur Kooperation wichtiger ist als konkurrierendes Verhalten. Wobei auch hier gerade viel in Bewegung ist und glücklicherweise immer mehr Menschen erkennen, wie dringend wir gerade in der Wirtschaft ein kooperatives Miteinander benötigen.

WTSH-Online Redaktion: Woran machen Sie das fest? 

Lisa Buddemeier: In den letzten Jahren werden die globalen Herausforderungen immer stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert. Dazu haben die Corona-Pandemie und auch die Fridays-for-Future-Bewegung beigetragen. Und globale Herausforderungen wie der Klimawandel oder die aktuelle Pandemie sind so gigantisch, dass sie nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung bewältigt werden können. Es reicht meiner Meinung nach nicht aus, besser zu sein als andere, sondern es geht darum, gemeinsam gut zu werden! Auch in der aktuellen Krise zeigt sich, wie wichtig gute Kooperationen sind, um gemeinsam für das wirtschaftliche Überleben zu kämpfen. Mit „Kiel-hilft-Kiel“ oder „Plön-hilft-Plön“ sind hier in der Region schöne Beispiele spontaner Kooperation entstanden, um z.B. lokales Einkaufen zu stärken oder die Kultur-Szene zu retten.

WTSH-Online Redaktion: Man hört immer wieder „Konkurrenz belebt den Markt“, oder „Konkurrenz motiviert“. Was sagen Sie als Psychologin dazu? 

Lisa Buddemeier: Es ist richtig, dass Konkurrenz einen motivierenden Faktor haben kann. Aber aus der sozialpsychologischen Forschung wissen wir, dass Kooperation die stärkere Motivation bietet. Teams mit guter Kooperation sind auch erfolgreicher. Zudem wissen wir aus zahlreichen Studien, dass ständige Konkurrenzsituationen Stress erzeugen und uns auf Dauer krank machen, wohingegen gelungene Kooperation der Gesunderhaltung dient. Wir haben also einen Dreifachnutzen der Kooperation gegenüber der Konkurrenz: sie bringt mehr Spaß, erzeugt bessere Ergebnisse und erhält uns gesund. Wir brauchen die VIELFALT! Und in ihrer Vielfalt können Unternehmen dann kooperativ zusammen ins Wirken kommen!

WTSH-Online Redaktion: Wie gelingt Kooperation, wenn die andere Seite auf Konkurrenz aus ist?

Lisa Buddemeier: Es ist völlig richtig, dass es für eine gute Kooperation die Bereitschaft auf beiden Seiten braucht. Ich bin aber überzeugt davon, dass die Kooperationsbereitschaft vieler Menschen und Unternehmen oft größer ist als wir meinen. Oft braucht es nur den mutigen ersten Schritt, ein gewisses Vorschussvertrauen. Ich habe in meinen 14 Jahren Selbständigkeit viele schöne Beispiele von vertrauensvollen Beziehungen und kooperativem Verhalten erlebt.

WTSH-Online Redaktion: Was braucht es, damit eine kreative Kooperation innerhalb von Unternehmen oder über Unternehmensgrenzen hinaus funktioniert?

Lisa Buddemeier: Zunächst muss man voneinander wissen, sich kennen, damit sich Möglichkeiten ergeben können. Und wenn wir uns an den Ursprung des Wortes erinnern, an das „zusammen ins Wirken kommen“, ist es wichtig zu schauen, ob es überhaupt ein gemeinsames Ziel gibt. Je größer ein Unternehmen ist oder je größer eine Stadt – umso anonymer sind oft die Kontakte, und umso mehr braucht es eine gezielte Förderung von Kommunikationsanlässen, um genug voneinander zu wissen, damit interessante Kooperationen entstehen können.

WTSH-Online Redaktion: Und wie können Ihrer Meinung nach beispielsweise Kooperation zwischen den kreativen Köpfen eines StartUps mit dem eher traditionsgeführten Mittelständler funktionieren?

Lisa Buddemeier: Zunächst sollte man sein Gegenüber genau betrachten und sich verdeutlichen, wie viele kulturelle Reibungsverluste es gibt. Denn hier treffen oft zwei grundsätzlich unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander. Nur wenn man sich dies vergegenwärtigt, kann man sich gegenseitiges Verständnis entgegenbringen. Verständnis und Vertrauen ist auch hier die Basis, um seine Erwartungen zu formulieren, ein gemeinsames Ziel zu definieren und zu verfolgen. Wenn es bei einer Kooperation ausschließlich um Gewinnmaximierung beider Partner geht, dann befindet man sich sehr schnell wieder im Konkurrenzmodus und teilt auf, wie viel für sich selbst und den jeweils anderen dabei herumkommt. Wenn es hingegen ein gemeinsames, inhaltliches und werteorientiertes Ziel gibt, dann gewinnen beide unabhängig davon, wie die finanziellen Ressourcen aufgeteilt werden.

WTSH-Online Redaktion: Wie beurteilen Sie den Nutzen von Kooperationen zwischen StartUps und KMU?

Lisa Buddemeier: Ich bin überzeugt davon, dass wir noch viel mehr von diesen Kooperationen brauchen. Beide Seiten haben ein enormes Potential, sich gegenseitig zu befruchten und von einer gelungenen Kooperation zu profitieren. StartUps und insbesondere die sogenannten Social Entrepreneurs erzeugen eine Vielfalt an überraschend kreativen und innovativen Produkten und Dienstleistungen zur Lösung für gesellschaftliche Herausforderungen. Ihnen fehlen aber oft die finanziellen Ressourcen, die benötigten Produktionskapazitäten und das entsprechende Management-Know-how, um ihre Idee zu skalieren. Damit bleibt die Wirkung oft begrenzt. Und genau hier können mittelständische Unternehmen großartig unterstützen und auch den Marktzugang erleichtern. Gleichzeitig kann das „Traditionsunternehmen“ auch viel vom StartUp lernen.

WTSH-Online Redaktion: Zum Schluss: nennen Sie kurz in Stichworten die wichtigsten Erfolgsfaktoren für gelungene Kooperationen.

Lisa Buddemeier: Vertrauen: Vertrauen ist wohl das wichtigste. Vertrauen darauf, dass man das gleiche Verständnis hat und dasselbe Ziel verfolgt. Loyalität: Wie im Leben, muss man zu seinem Partner stehen. Aufgabenverteilung: eine gute und gerechte Aufgabenverteilung auf Augenhöhe ist ebenso wichtig wie eine offene und konstruktive Kommunikation.

Das Interview führte: Ute Leinigen

Zur Person

Lisa Buddemeier ist Diplom-Psychologin, Trainerin, Moderatorin & Coach. Nach dem Studium in Psychologie an der CAU -Kiel, der UFF-Rio de Janeiro, Brasilien und der UNL -Lissabon und diversen Fortbildungen z.B. zur Mediatorin, Business Coach und Changeberaterin arbeitet sie selbständig als Trainerin, Moderatorin und Coach. Seit 2009 ist Lisa Buddemeier außerdem Dozentin für Interkulturelles Management und Schlüsselkompetenzen an div. Hochschulen. 

Neben sozialen Einrichtungen ist Lisa Buddemeier vor allem für Bildungsinstitutionen wie das International Graduate Center Bremen, School of International Business, Hochschule Bremen, Christian-Albrecht-Universität Kiel, sowie internationale Wirtschaftsunternehmen wie Airbus Operations GmbH oder Olympus Deutschland GmbH tätig. 

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